Telefonat mit Nina in Berlin.
Das schöne neue Haus am Stadtrand ist bezogen.
Klartext: eine smarte Siedlung mit mehreren hundert identischen, baugleichen Wohncontainern auf einer sumpfigen, 2 Hektar großen Wiese irgendwo in der mückenverseuchten Pampa Brandenburgs.
Ein Ort mit „-itz“ am Ende oder – wahrscheinlicher! – mit „-ow“.
Seit ich mal vor Jahren… in einem früheren Leben… in eine solche Siedlung musste, weiß ich, warum die Werbeindustrie es den Menschen so erfolgreich vermitteln konnte, dass sie ohne vielfarbig animiertes Navigationssystem im Automobil nicht mal mehr nach Hause finden: sie finden‘s wirklich nicht…
Aber gut, sie ist stolz auf den Kasten für eine halbe Million mit jeweils 80 cm Rand drum herum bis zum nächsten Nachbarn, und sie erklärt mir stolz das vollvernetzte „smart home“.
Nina kann jetzt von überall auf dieser Welt jede beliebige Lampe in ihrem Null-Emission-Klotz an- oder ausschalten.
Sie kann von jedem Punkt auf der Welt ihrer Heizung befehlen, dieses oder jenes Zimmer jetzt auf soundsoviel Grad zu erwärmen bzw. runterzukühlen.
Sie kann mit dieser tollen App auf ihrem Smartphone ihre Garagenzufahrt und das Tor auf- und zumachen.
Und und und.
Während Nina so schwärmt überreiße ich für mich den praktischen Nutzen eines solchen Systems.
Ich könnte also, wenn ich mit dem Schiff draußen bin, der Waschmaschine das Kommando geben, mit dem Programm anzufangen.
Das ist toll!
Naja… irgendwer muss das Ding ja auch voll Wäsche stopfen. Und wer das kann, der kann dann auch gleich auf den Smart… sorry, den Startknopf drücken, oder?
Mein Herd hat nicht heißzuwerden, wenn niemand vor ihm steht, und einen Holzofen per App über ein nicht immer und überall vorhandenes Netzt anzuzünden klappt auch nicht.
Ich bin sehr froh, dass diese hippe, immer bekloppter werdende Welt der urbanen Smartpeople so weit hinter mir liegt.
Obwohl… smart hab ich‘s hier ja auch: wenn ich es wärmer haben will, bediene ich … sagen wir mal, um im Kontext zu bleiben, eine Art App, und irgendjemand steht dann auf und legt Holz nach.
Wenn Nina andere Musik haben will, wischt sie auf ihrem Smartphone im smart home herum, und verborgene Lautsprecher berieseln sie in Konzertsaalqualität.
Ich wünsche ihr sehr, dass ihr diese sterile Perfektion nicht bald langweilig wird.
„Du, sorry,“ beende ich das Gespräch, „John schreit und stinkt, und meine smarte Windelwechsel-App ist gerade in Folge des hastigen Genusses einer Flasche Oban Single Malt zusammen mit seinem Schwiegervater abgestürzt. Ich mache dann jetzt mal manuell einen hygienischen Neustart…“
Noch besser ist es wenn die Leute im Haus mit ALEXA sprechen. Ich dachte immer mein Bekanntenkreis wäre normal genug um so etwas nicht zu installieren, bis wir vor kurzem das Haus von Nachbarn während ihres Urlaubs versorgen mussten. Da stand tatsächlich so ein Ding und antwortete sogar als ich ALEXA rief. Da bin ich schnell geflüchtet!
Für mich absolut unverständlich, wie man sich so einen Spion ins Wohnzimmer stellen kann.
By: skywalkerlein on November 4, 2017
at 12:54 am
Da hätten meine Paranoia endlich Gründe!
By: Darf man das? on November 4, 2017
at 1:59 am
So sieht’s wohl aus… 🤔
By: LaScotia on November 4, 2017
at 10:44 am
Wie vereinsamt muss eine Gesellschaft sein, die sich massenhaft solche Apparate in die Wohnung stellt, damit sie überhaupt jemanden hat, der ihr zuhört? Schlimm.
By: LaScotia on November 4, 2017
at 10:44 am
Ich hab nur ein Handy (kein Smartphone) für Notfälle, wo ich meistens das Ladekabel nicht mehr finde, einen ollen Röhrenfernseher, wieso brauche ich einen neuen, wenn er es noch tut? und kein Vakuumiergerät, Sous-vide-Garer, Brotschneidemaschine, Backautomat oder Thermomix.Ganz zu schweigen von Alexa. Die finde ich gruselig.
Alles völlig überbewertet und verzichtbar. Nichts oder wenig zu haben, bedeutet einfach ohne Ballast zu leben.
Das einzige, wo ich in Versuchung käme, wäre ein Pacojet. Aber das ist auch ultimativer Luxus.
By: blindfoldedwoman on November 4, 2017
at 11:52 am
Pacojet… das musste ich jetzt erst mal googeln. Habe trotzdem nicht kapiert, wofür man einen solchen Apparat brauchen könnte… 🤔
By: LaScotia on November 4, 2017
at 6:21 pm
Im Prinzip ist es ein Luxusmixer, mit dem man sagenhafte Konsistenzen erreichen kann.
By: blindfoldedwoman on November 4, 2017
at 7:23 pm
Für das Geld, das so ein Gerät kostet, würde ich mir für einen Tag einen Sternekoch buchen und mir exklusiv zeigen lassen, wie es geht. Danach weiß ich es und es kann nichts mehr kaputt gehen… 😋
By: LaScotia on November 5, 2017
at 12:30 am
manchmal verselbstständigt sich dies smarte welt ja auch,so manche haben schon ihr blaues wunder erlebt…
By: boomtownuwehamburg on November 4, 2017
at 2:47 pm
Mir ist schon Siri zu viel! Bei jedem neuen Gerät das erste, was ich dauerhaft deaktiviere…
By: LaScotia on November 4, 2017
at 6:22 pm
Der letzte Absatz ist groß.ar.tig!
Mein Traumziel wäre ein Leben, in dem es als Luxus nur Strom gibt.
Wenn ich könnte, würde ich auf Telefon, Handy und Internet verzichten. Aber ich bin ein Suchti, ich kanns nicht und speziell das Internet erleichtert mir so einiges.
Siri finde ich genau dann praktisch wenn man sie beim Autofahren nur per Stimme irgendwo anrufen lassen kann „Siri, ruf beim Schatz an“ oder so.
Wenn Siri aber keine ausreichende Datenverbindung hat, dann schafft sie nicht mal aufs Telefonbuch zuzugreifen. Warum sie dafür Internet braucht, ist mir ein Rätsel. Ich habe sie seit einigen Monaten nicht mehr genutzt.
By: Die nymphomane Laterne on November 4, 2017
at 8:05 pm
Diese Frage hat sich uns nur sehr selten gestellt, denn wenn er unterwegs war, dann in Gegenden des Planeten, wo nur noch ein Satelliten-Telefon den Anschluss hielt.
Strom ist toll, aber kein Luxus. Luxus ist vielmehr, nur soviel Strom selbst zu erzeugen, wie man selbst wirklich braucht.
Und ja, wir haben gelernt, dass z. B. Wäsche auch dann draußen auf der Leine trocknet, wenn die Sonne nicht scheint und es zwischendurch mal kurz regnet.
Luxus, glaube ich, liegt darin, zu erkennen was man selbst zum Leben braucht.
Ich liebe beispielsweise nach dem Essen einen Espresso.
Ich kenne Leute, die gehen dafür zu einem mehrere hundert Pfund teuren Apparat und drücken da auf einen Knopf.
Dann macht das 40 kg schwere Monstrum enormen Lärm, bluppert und dampft und eine rätselhafte Flüssigkeit tröpfelt in ein unvorstellbar teures Designertässchen von italienischem Design. Lauwarme Plörre, die nach nichts schmeckt.
Ich fülle Wasser und ein paar Löffel Pulver in meine uralte italienische Espressokanne, stelle sie aufs Feuer und habe Minuten später dampfend heißen, köstlichen Espresso.
Ein Genuss!
Und das ist ja nur eins von vielen Beispielen…
By: LaScotia on November 5, 2017
at 12:42 am
Notiz an mich selbst: Ich sollte zeitnah mal ein wenig über unsere kleine Caffettiera-Sammlung filosofieren. 😎
By: Herr_Zimmermann on November 6, 2017
at 7:17 pm
Ein „Smart“ Home? Sorry, aber wie bescheuert kann man eigentlich sein? Mal abgesehen davon, dass jeder digitale Sch*****dreck unweigerlich kaputt geht oder kein Update mehr kriegt, ist dieser ganze Müll völlig unsicher. Kann übernommen werden, hat Bugs und sendet unkontrolliert alle Daten irgendwo hin.
Mag sein, dass kein Mensch diese Datenmassen auswerten kann, aber ein Algorithmus oder eine KI kann das sehr wohl oder wird es bald können.
By: rano64 on Dezember 21, 2017
at 5:20 pm
Wie gesagt: es mag alles seine Daseinsberechtigung haben. Für mich wird das Thema in dem Augenblick interessant, wo es eine funktionierende Windelwechsel-App gibt… 😂😂😂
By: LaScotia on Dezember 21, 2017
at 11:08 pm
Noch regen wir uns drüber auf oder machen uns lustig. Diese Steuerungen und Überwachungen werden bald so normal sein wie für uns das Smartphone.
Nie Häuser werden mit der Technik ausgestattet und unsere Kinder wachsen damit auf und werden nicht darauf verzichten.
By: skywalkerlein on Dezember 22, 2017
at 9:36 am
Ja, teilweise wirst du wohl Recht haben. Ich habe ja auch nichts gegen moderne Technik, wenn sie denn sinnvoll eingesetzt wird.
Unsere Kinder werden sicher nicht hinterm Mond aufwachsen, wir werden ihnen den Zugang zur (virtuellen) Welt ganz sicher nicht vorenthalten. Aber aufwachsen tun sie in einem ziemlich analogen Haus, für das es noch nicht einmal einen Haustürschlüssel gibt…
By: LaScotia on Dezember 22, 2017
at 9:49 am
Meine Eltern haben mich und meine Brüder auch ohne viel Technik erzogen. Sie haben mittlerweile ein Laptop um die Fotos ihrer Digitalkamera ansehen zu können. Ich habe ihnen auch eine Emailadresse eingerichtet. Emails werden zwar gelesen, aber beantworten können /wollen sie nicht. Ich muss ihnen sogar die alten Emails löschen.
Handys (keine Smartphones) haben sie auch. Meine Mutter schreibt sogar SMS. Mein Vater versucht es auch, aber meist kommen die Nachrichten nicht nicht beim richtigen Empfänger an. Ganz so hinterwäldlerisch will ich nicht alt werden.
Nein, ich werde mich nicht gegen neue Technik wehren. Ich werde aber versuchen so mit ihr so umzugehen, dass dritte meine Daten nicht ausnutzen und missbrauchen können.
Und mir ist es auch gelungen diese Einstellung an meine Kinder zu vermitteln.
Trotzdem bin ich Technikfan.
By: skywalkerlein on Dezember 22, 2017
at 10:15 am