Verfasst von: LaScotia | November 13, 2018

Geschützte Geheimplätze

Wenn wir nach hinten raus und den Berg hochgehen, bahnen wir uns einen Weg durch die ausgedehnten Farnwälder.

Wir gehen nicht besonders oft hierher, so dass der kleine, schmale Pfad immer wieder zu wächst.

Da Pete dringend einen Tag am Schreibtisch braucht, um zu schreiben und einige Manuskripte zu überarbeiten, lassen wir ihn komplett in Ruhe und gehen raus.

Für unsere Verhältnisse ist das Wetter einfach ideal dafür, Wind deutlich unter 9 Bft, Temperatur deutlich über 0° und die Bewölkung deutlich unter dem Status ganz dicht!

Trotzdem ist es sehr nass dort, wo wir hin wollen, also verbringe ich schon mal eine Menge Zeit damit, die Kinder entsprechend auszurüsten.

Als alle in ihren Regensachen stecken und die Gummistiefel anhaben, kann es ja endlich losgehen.

Ich packe ein paar Leckerlis für die Highlander ein, und dann geht es raus in die mystische Welt des leisen Plätscherns und Raschelns.

Die Birken strecken ihre Äste nackt und kahl in den grauen Himmel, und auch die Farne verlieren zusehends an Farbe.

Über die Kuppe des Hügels starren uns zwei große dunkle Augen an.

Ich lege meinen Finger an den Mund und deute mit der anderen Hand in die Richtung.

John findet seine unmittelbare Umgebung viel spannender als geheimnisvolle Augen oben auf dem Hügel und sammelt Blätter.

Gillian bleibt wie erstarrt stehen und vermutlich sehen ihre Augen gerade genauso riesig aus wie die, die uns von da oben beobachten.

Dann will sie losrennen, aber Zoë hält sie zurück.

Nein! Nicht! Das sind ihre Plätze hier. Wir dürfen die Feen nicht stören! Dann werden sie böse.

Das Reh hat genug gesehen, dreht sich um und springt elegant in die andere Richtung davon.

Oben angekommen, sehen wir die Kühe.

Sie stehen in der kleinen Senke und haben keinen Sinn für den tollen Blick rüber zum Festland.

Zoë schnappt sich eine Handvoll Möhren aus meinem Stoffbeutel und stürmt los.

Vergessen sind die Feen und ihre geheimen Plätze.

Irgendwann sehe ich nur noch ihren gelben Regenhut durch die Farne hüpfen, ich hebe Johnny auf meine Schultern und rufe Gillian zu:

Na komm, die holen wir noch ein, was meinst du?

Laut juchzend und lachend laufen wir hinter Zoë her.

Johnny tobt vor Freude auf meinen Schultern, als Gillian stolpert und der Länge nach hinfällt.

Princess No 2 wäre nicht meine Tochter, wenn sie sich um so ein kleines Malheur kümmern würde.

Matschig und mit verdrecktem Ölzeug springt sie auf und stürmt weiter ihrer großen Schwester hinterher.

Als wir Zoë erreichen, hat sie gerade die erste Möhre an den jüngsten Spross unserer Herde verfüttert.

Die Mutter des Kleinen kommt herangetrottet und will auch eine Möhre haben. Zoë beißt ein Stück von der Spitze ab und hält der ausgewachsenen Mrs Garfunkel dann den Rest hin.

Sally kommt auf uns zu, und so nach und nach ist die ganze Herde auf uns aufmerksam geworden und kommt gemächlich zu uns.

Ich hebe Johnny von meinen Schultern und setze ihn auf Sally’s Rücken. Die Mädchen bekommen die Tasche mit den Möhren und beginnen diese an die gemütlichen Highlander zu verteilen.

Ich habe einen großen, stabilen Striegel mitgebracht. Halte John mit einer Hand fest und beginne, Sally’s Fell mit dem Striegel zu kämmen.

Die Tiere mögen diese Wellnessbehandlungen sehr.

Wir halten uns vielleicht anderthalb Stunden bei der Herde auf, bis alle Leckerlis aufgefressen und alle Zottelfrisuren mal gekämmt sind, und machen uns dann auf den Rückweg.

Es war ein sehr gutes Beerenjahr.

Als wir unsere kleine Welt wieder sehen können und den Rauch aus dem Schornstein riechen, frage ich die Kinder, was sie davon halten, wenn wir gleich noch mal bei den Hühnern nachsehen, ob sie fleißig waren und ich uns dann einen Berg voll Pfannkuchen mit frischen Blaubeeren mache?

Die Begeisterung kennt erwartungsgemäß keine Grenzen und mit dieser Motivation im Rücken legen wir den Weg nach Hause in Rekordzeit zurück.

Die Kinder werden nach dem Eier sammeln in der Werkstatt ausgezogen und rennen dann quer über den Hof zum Haus.

Ich melde uns bei Pete zurück und lasse dann eine Wanne einlaufen.

Im Moment ist es noch einfach, sie passen alle drei da rein und plantschen fröhlich darin herum.

Parallel dazu dusche ich mich kurz ab und eine halbe Stunde später sitzt der McSomething Clan versammelt um den großen Tisch und verschlingt Pfannkuchen.

Und? Habt Ihr was tolles erlebt?, fragt Daddy in die Runde.

Wir haben die Feen gesehen!, referiert Zoë mit dieser kleinen Falte auf der Stirn, aber ich hab aufgepasst, dass wir nicht in ihre geschützten Geheimplätze trampeln…


Antworten

  1. Das ist so genial wie Eure Kinder aufwachsen. Das prägt sie eine Leben lang. Auch wenn sie später in New York Kunst studieren o. ä.

    • Genau darum haben wir uns für dieses Leben entschieden.
      Völlig egal, was sie als Erwachsene einmal tun werden, und wo.
      Ich wäre nur sehr glücklich, wenn sie immer wieder gerne nach Hause zurückkehren und nicht nur deswegen, weil sonst Oma an Weihnachten allein in der Einöde hockt…

  2. Ein schöner Familienausflug.
    Weit ab von Konsum und Technik.
    Ich mag so etwas, gibt es einem doch mehr als das Stadtleben.

    • Tatsächlich sind wir jeden Tag bei den Kühen. Nicht immer in voller Mannschaftsstärke und normalerweise fahren wir auch mit dem Quad, aber als Abwechslung war das wirklich sehr schön.
      Nur von „Ausflug“ würde ich nicht sprechen wollen… 🙄

      • Ok, da hast du recht. Wenn es ein täglicher Gang ist.
        Bei uns wäre es ein Ausflug, lach…

        • Ein „Ausflug“ ist für uns dann einer, wenn wir die Insel mal verlassen. 😎

          • So ist der Alltag von jedem unterschiedlich.
            Und der Ausflug ebenso.

          • Ganz genau 👍🏼😊

  3. Ich liebe es im Wald spazieren zu gehen. Wir haben hier auch verwunschene Orte mit viel Farn. Und glücklicherweise geht meine Teenagertochter immer noch gerne mit.

  4. Ich hab die Kühe früher immer gejagd, so dass sie den Zaun durchbrachen und auf Weiden gelangten, wo sie nicht hingehörten. Das gab dann Ärger mit Opa.

  5. Also…
    Bitte schön!
    Was soll denn das ?
    Wie kannst Du nur? Da fällt No.2 in den Matsch und Du bist nicht gleich mit ihr zum Sterilchirurgchemodingsbumsdoktor gefahren? Ach was, fahren, fliegen mit’m Rettungshubschrauber?
    Und überhaupt, weißt Du eigentlich wieviel Baziellen und Kühe mit Haaren? Igitt wie unhygienisch!
    Was unterstehst Du Dir?
    Deinen Kleinen eine echte Kindheit zu ermöglichen, Allergien durch Kontakt mit allem möglichen Grobzeug vorzubeugen.

    Cami – dafür und für alles andere liebe ich Dich und Deine ganze Bagage auf Eurer Insel!


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